Alice Cooper: Wir brauchen eine Revolution (2024)

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Alice Cooper: Wir brauchen eine Revolution (1)

Im Juli kommt Alice Cooper nach Butzbach. Im Interview erzählt der 76-jährige Pastorensohn, auf welche Weise er Frank Zappa verwirrte und David Bowie inspirierte.

Werden Sie etwas für die »Too Close for Comfort«-Tour mitbringen, das die Fans überrascht?

Ja, es ist eine ganz neue Show, eine neue Inszenierung, alles ist neu. Europa hat dies noch nicht gesehen. In gewisser Weise ist diese Show auch ein wenig eingeschränkt, weil wir bestimmte Songs einfach spielen müssen.

Welche sind das?

Es gibt mindestens 15 Hits, die ich in jedem Konzert bringen muss, sonst würde sich das Publikum betrogen fühlen. Das ist aber eine gute Sache. Gleichzeitig gibt es auch Leute, die von mir Songs hören wollen, die weniger bekannt sind. Wir versuchen, einige davon zu spielen. Aber den Alice zu geben ist das Schlimmste an diesem Abend, denn er ist einfach ein schrecklicher Mensch (lacht).

Wirkt sich das auf die Show aus?

Die neue Show ist sehr, sehr scharf und meine heutige Tourband die beste, mit der ich je gespielt habe. Sie sind auch beste Freunde, das heißt, es gibt keine Ego-Probleme, kein gegenseitiges Anschreien. Jeder von uns hat eine tolle Party da draußen.

Ihr aktuelles Studioalbum »Road« haben Sie mit Ihrer Tourband aufgenommen. Einer der Songs darauf heißt »White Line Frankenstein«. Wer ist das?

Einige Leute dachten, mit der weißen Linie sei Kokain gemeint. Nein. Wenn man auf Tournee ist, hat man 20 Fahrer für die Busse und Lkw. »White Line Frankenstein« ist die Übertreibung einer Figur, die auf der Straße lebt.

Was meinen Sie damit?

Wenn die eine Tournee vorbei ist, geht er direkt auf die nächste Tournee. Sie kennen ja die weißen Linien auf der Straße, das ist alles, was er jemals sieht. Aber er liebt es, der König der Straße zu sein.

Sie arbeiten bereits an Ihrem nächsten Studioalbum, Ihrem insgesamt 30. Wieder mit Bob Ezrin als Produzent?

Ja, und es ist auch schon fertig. Wir werden wahrscheinlich bald mit der nächsten Platte beginnen. Ich bin einer dieser Typen, die es lieben, Songs zu schreiben und aufzunehmen. Ich versuche immer, eine neue Geschichte oder neue Aspekte zu finden, über die ich schreiben kann. Aber es wird immer hart klingen.

Wie genau?

Alice Cooper ist einfach gitarrenlastiger Hardrock. Bob Ezrin und ich besitzen einen wirklich dunklen Sinn für Humor. Es ist immer großartig, diese dunkle Komik von Alice Cooper auf einem Album zu haben.

Musikhistoriker sagen, dass die ursprüngliche Alice Cooper Band lauter und viel aggressiver spielte als die anderen harten Bands, mit denen sie damals auftrat. Stimmt es, dass Sie ein Vorläufer des Punkrock waren?

Ich glaube, viele Leute assoziieren uns mit Punkrock, weil wir direkt aus einer Garage kamen. Jede wirklich gute Band hat dort angefangen und Songs von Chuck Berry, den Beatles, den Stones, den Yardbirds, The Who oder The Kinks gespielt. Der einzige Ort, an dem wir als Kids auftreten konnten, waren Clubs, in denen man vier Stunden pro Nacht spielen musste. Erst dann wird eine Band richtig gut.

Wie war das damals?

Wir waren noch keine richtigen Musiker, wir waren Punks, die ihre Instrumente noch lernten. Jetzt sind wir natürlich Profis, aber wir lieben immer noch diese Zeit unseres Lebens. Der Grund, warum ich die Hollywood Vampires zusammenstellte, war, dass ich wieder eine Bar-Band haben wollte.

Mit einem Überraschungs-Gig in der »Alice Bar« haben Sie Ihre diesjährige Australien-Tour beendet. Werden Sie solche Gigs auch in Deutschland spielen?

Hin und wieder machen wir solche Shows an einem freien Tag oder sogar nach einem regulären Konzert. Diese Bar in Brisbane hieß lustigerweise »The Alice Bar« und ich bin dort einfach mit ihnen aufgetreten. Wir haben »Back in the U.S.S.R.« und andere Cover-Songs gebracht. Ich liebe es, die Musik anderer Leute zu spielen. Und meine Liveband ist zufällig wirklich gut darin.

Der ehemalige Sänger der Sex Pistols bezeichnet Sie als seinen »absoluten Favoriten«. Überrascht Sie das?

Nein. Ich glaube, das liegt daran, dass ich anfangs in England so viele Leute verärgert habe, und er hat erkannt, dass je mehr Leute man verärgert desto mehr wollen einen sehen.

Die jungen Punks nennen Rockmusiker wie Sie frech »Boring old Farts«. Hat Sie das damals geärgert?

Nein! Zunächst einmal: In diesem Geschäft sollten Sie sich ein dickes Fell zulegen. Die Leute werden dich entweder hassen oder lieben. Aber du musst lernen, dass es nur ihre Meinung ist. Manchmal ist es auch nur die Meinung einer einzigen Person, der deine Show oder dein Album nicht gefallen hat.

Frank Zappa gab Ihnen 1968 Ihren ersten Plattenvertrag. Hat er Ihnen auch gute Ratschläge gegeben?

Als wir zum Vorspielen zu ihm kamen, hörte er sich die Songs für unser erstes Album »Pretties for you« an. Anschließend sagte Zappa zu mir: »Alice, ich kapiere eure Musik nicht!« Und ich sagte: »Nun, ist das gut oder schlecht?« Er: »Nein, es ist großartig! Natürlich werde ich euch aufnehmen und produzieren, denn ich verstehe nicht, was ihr tut!« (lacht) Er war einfach fasziniert von der Tatsache, dass er die Theatralik und das, was wir musikalisch taten, nicht verstehen konnte.

Zappas ursprünglicher Plan war, die Alice Cooper Band in einen kompletten Gimmick-Comedy-Act zu verwandeln, der sich »Alice Cookies« nannte.

Das ist genau das, was wir nicht wollten. Wir wollten ernst genommen werden, weil wir bereits als das nächste große Ding in Amerika angesehen wurden. Wir haben zehn Stunden an der Musik und eine Stunde an der Show gearbeitet. Das Theatralische war für uns ganz natürlich, das war der einfache Teil. Wenn man aber ins Fillmore oder in diese anderen großen Konzertsäle wollte, in denen Bands wie The Grateful Dead, The Doors, The Who und Led Zeppelin spielten, musste man so gut sein wie sie. Und das ist uns auch gelungen.

Damals begannen Sie, mit immer ausgefalleneren und schockierenderen Bühnenauftritten zu experimentieren. David Bowie soll sich das angesehen haben, lange bevor er seine berühmte Figur Ziggy Stardust erfand.

Ja, er kam immer zu unseren Konzerten. Das war vor dem ganzen David-Bowie-Hype. Damals war er noch ein Pantomime oder so etwas in der Art. Als er dann seine Band The Spiders from Mars hatte, kam er zu unseren Konzerten und sagte: »Das ist es, was wir machen sollten!« Die Sache war die, dass alle wollten, dass es eine Art Fehde zwischen Bowie und mir gibt.

War das so?

Ich sah es so, dass der eine von uns Dalí und der andere Picasso war. Das sind zwei verschiedene Dinge. Bowie war der Kerl im Weltall, und Alice Cooper war das Phantom der Oper. Wir hatten beide unsere eigene Rolle, aber sie ergab sich aus dem, was wir zuerst gemacht haben.

Wie erklären Sie sich, dass die Musikszene in den späten 60ern und frühen 70er Jahren so kreativ war?

Das Tolle an dieser Ära war, dass die Plattenfirmen wollten, dass Alice Cooper Alice Cooper ist. Bowie sollte Bowie sein und Elton sollte Elton sein. Wir waren alle einmalig. Und was dann in den 80er Jahren passierte, war: Bon Jovi kamen mit ihren Hits, ihrer großartigen Arbeit und ihrer eigenen Theatralik daher, die einfach glamourös war. Und dann wollte jede Plattenfirma einen eigenen Bon Jovi auf ihrem Label haben. Und dann kam Mötley Crüe und das Ganze wiederholte sich.

Was hatte das zur Folge?

Am Ende gab es eine Menge Bands, die nichts als Kopien der Originale waren. Das Musikgeschäft wurde zu einem Konzern, und die ganze Kunst war verschwunden.

Brauchen wir eine neue musikalische Revolution mit umstürzlerischem Potenzial à la Punk?

Ja, das bräuchten wir wirklich. Was wir damals gemacht haben, war sehr subversiv. Aber wir sahen auch den Humor darin. Ich ging mit schwarzen Lederhosen oder dem Slip meiner Freundin auf die Bühne. Und da war überall Blut drauf. Ich war geschminkt und hatte eine echte Schlange dabei. Das war in den Jahren 1969/70. Die Leute begriffen erst viel später, dass Alice einen Schurken spielte.

Was wollten Sie damit bezwecken?

Er war ein Spiegel der Gesellschaft, wie jemand, der einem zeigt, wie absurd die Dinge sind. Aber die Musik stand bei uns immer an erster Stelle, wir brauchten Songs wie »I’m Eighteen«, »School’s Out« oder »Poison«, um uns voranzutreiben. Ohne sie wäre es eigentlich bloß ein Puppentheater gewesen.

Am 4. Juli im Schlosshof Butzbach

Alice Cooper bringt seine neue Bühnenshow »Too close for Comfort« jetzt nach Deutschland und zum Butzbach Open-Air. Dort tritt er am Donnerstag, 4. Juli, um 20 Uhr im Schlosshof auf mit einer fulminanten Bühnenshow - wie in einem guten Horrorfilm. Sein Album »Road« wurde mit seiner aktuellen Touring-Band geschrieben, komponiert und aufgenommen. Mit zwölf neuen Songs und einem Cover von The Who schließt es den Kreis zwischen seinen insgesamt 29 Studioalben. Dieses Mal sind seine langjährigen Bandkollegen Ryan Roxie (Gitarre), Chuck Garric (Bass), Tommy Henriksen (Gitarre), Glen Sobel (Schlagzeug) und Nita Strauss (Gitarre) mit von der Partie.

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